10/06/2011

Träumereien

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Vielleicht lag es an dem erholsamsten Bett in dem er seit langem lag, an der Abwesenheit des Schrates der ihm sonst in seinem Kopf herumgeisterte, oder an der Einsamkeit. Doch in dieser Nacht Träume Albert so viel wie seit Jahren nicht mehr.
Sein erster Traum war klar aber kurz und erinnerte ihn an seine Kindheit. Er war mit seinem Großvater in Marethil und verkaufte Kürbisse, es war wohl Herbst, als plötzlich zwei Elfen den Schreinerladen gegenüber anzündeten und laut Parolen brüllten wie “Elfenholz den Elfen” oder  “Zerstört unseren Wald und wir Eure Zukunft”. Dabei sprangen sie wie Goblins um den Stand herum.
Kurz darauf kamen die umliegenden Menschen angerannt und haben die Elfen hingerichtet.

In seinem zweiten Traum fand er sich in einem Wald wieder. Er schaute an sich herunter und sah dünne, weiß behaarte Beine an sich, die in Hufen endeten. Um ihn herum war eine Hirschherde die in aller Ruhe auf einer birkenumzogenen, lichtdurchstrahlen Lichtung, saftiges Waldgras und Butterblumen fraßen.
“Charseton, wir sollten weiter ziehen”, die großen Augen einer Hirschkuh blickten ihn freundlich an, “Bald kommen die Druiden in diesen Wald. Wir müssen nach Süden, wie es uns der Echsenälteste geraten hat.”
“Noch nicht, meine Liebste Melenoré. Die Braunfelle wandern gerade, ich will nicht, dass wir ihre Wege kreuzen.”
“Wann vergibst du den Bären endlich, dass sie Markus gerissen haben? Er war alt und schon seit langem krank. Sie haben sich an das Gesetz des Waldes gehalten.”
“Die Wildschweine haben sie doch dazu angestiftet.”
Melanoré ging näher an ihn heran und berührte ihn sanft mit den Lippen an der Schulter. “Liebster, wir müssen das tun was für den Rudel am Besten ist und dürfen nicht unsere persönlichen Rachewünsche in den Vordergrund stellen.”
Der Hirsch seufzte und ging ein paar Schritte auf Abstand. “Genau das ist es doch. Ich will ihnen nicht über den Weg laufen, damit ich mich nicht bei ihnen Rächen kann.”
“Du kannst ihnen nicht ständig aus dem Weg gehen. Versuche zu vergeben”, die Hirschkuh drehte ihm den Rücken zu und ging zurück zur restlichen Herde, “und wenn du kannst, vergiss.”

Im nächsten Traum sah er eine Elfe mit blondem Haar auf der Jagdt. In der Hocke versucht sie gerade aus den Spuren am Boden die Zugrichtung der Tiere zu erkennen, als ein ferner Schrei ihre Aufmerksamkeit erregt.
Instinktiv legt sie einen Pfeil an die Sehne und schaut sich um.
Sie war schon mehrere Tage auf Jagdt, bisher ohne Erfolg und hatte sich deswegen auch weiter von ihrem Zuhause entfernt wie üblich.
Es ist ihr nicht bekannt, dass in dieser Region eine andere Siedlung ist, auch Wanderer verirren sich nicht in diese Gegenden. Sie rennt mit flinken Schritten Richtung des Schreies, zum nahen Waldrand der direkt an eine Klippe grenzt von der man ein weites Tal überblicken kann. Sie nimmt den Pfeil vom Bogen und packt diesen auf den Rücken. Im Osten zu ihrer Rechten verschwindet gerade die Sonne leuchtend hinter einem Berg. Vom See am Fuß der Klippe weht ihr eine warme Brise durch das lange Haar. Ihr Blick schweift über das Tal. Fern im Südwesten beginnen irgendwo die ersten Siedlungen der Menschen. Doch Moment, was war das, dort am Fuße des Berges im Osten?
Im Schatten eines Lagerfeuers kämpfen zwei Personen. Hastig rennt die Elfe die Klippe entlang bis zu einer Stelle wo sie geschickt herunter klettert.
Als sie näher kommt erkennen ihre erprobten Jägeraugen schnell um was es sich handelte. Ein Zombie hatte wohl gerade einen jungen Menschen erlegt. Hier kommt jede Hilfe zu spät. Doch nein! Er lebt ja noch! Blitzschnell zieht sie ihren Bogen und schießt dem Untoten einen, zwei, drei Pfeile durch den Kopf wo sofort tropfend gelber Schleim herraustritt. Ohne Reaktion fällt der stinkende Kadaver zu Boden. Sie eilt zu dem Mann am Boden, bewusstlos und sein Brustkorb offen vom Angriff des Zombies.
Ein Fluch kommt aus den zarten Lippen der Elfe. Doch sie versorgt die Wunde notdürftig. Es wird eine Weile dauern bis sie nach Hause kommt und geeignete Medizin hat.
Mit dem Menschen auf dem Rücken läuft sie los. Seine blutuende Brust verklebt ihr den Rücken.

Sie war nicht lange unterwegs da traf sie auf zwei Elfen. “Wir haben dich ewig gesucht! Wo war du so lange? Halt! Wen hast du da?” fragte der schmale mit Kopftuch.
“Ein Mensch, du Schlaumeier, von einem Zombie schwer verletzt. Helft mit ihn nach Newwiss zu bringen. ”
“Einen Menschen in unsere Zuflucht bringen? Da könnte ich gleich in die Schlangengrube springen”, sagte der Zweite, dessen Gesicht eine großflächige Narbe zierte, wohl von verbrannter Haut. Unbeirrt führt die Elfe ihren Gang fort, vorbei an den beiden die jedoch mitgehen.
“Er sieht nicht aus wie ein Krieger. Wenn wir ihn einfach sterben lassen sind wir nicht besser wie sie. Also packt an oder ich mach es alleine.”
Doch die Beiden verweigeren die Hilfe nicht und tragen den Verletzten bis in das Baumhaus der Elfe.
“Sheylan, Urthut, ihr habt etwas gut bei mir. Aber bitte sagt dem Dorfältesten nichts davon.”
“Keine Sorge, wir wissen ja wie dein Vater auf Menschen zu sprechen ist”, beruhigt sie das Narbengesicht.

“Du hast was?”, die Elfin stand in einer großen Halle, ihr gegenüber ein älterer Mann der ihr unbeirrt ins Angesicht brüllte. “Ich kann das nicht glauben. Wir versuchen uns hier zu erholen und Abstand vor den Menschen zu wahren und was tutst du? Bringst den ersten Bengel mit den du findest! Zum Glück war er bewusstlos, er wird den Weg hierher nicht wieder finden.”
Der Mann läuft vor ihr auf und ab. “Mila, morgen kommt er in die Grube!”
“Vater!”
“Nein, wir können nicht verzeihen und vergessen was die Menschen uns angetan haben.”
Sie rennt zurück in ihr Baumhaus, beugt sich übers Bett, rüttelt am Mensch, und rüttelt und rüttelt. “Wach auf!”

Schweißüberströmt wachte Albert auf, um ihn herum war alles grün. “Was? Mila? Wo bin ich?” Er blickte sich um. Er war noch im Baum auf der Ebene vor Heph Sham’wast.